Der Standpunkt der Kunst
eines Volkes ist immer
der Standpunkt
seiner Menschlichkeit.
Adalbert Stifter
Alena Zemančíková erzählt in ihrem scharfsinnig und präzise geschriebenen Roman Geschichte in indirekter Rede (KLAK Verlag 2019, übersetzt von Daniela Pusch) eine Familiengeschichte über die Kindheit im westböhmischen Grenzgebiet, das nach der Vertreibung der Deutschen der hinterletzte Winkel der Welt war. Zugleich ein Ort für unkonventionelle Lebensentwürfe, die allmählich an den gesellschaftlichen und persönlichen Debakeln zerbrechen. Eine Geschichte über Beziehungen zwischen Himmel und Hölle, Heimat und Heimatlosigkeit, geprägt durch Anpassung, Verbote und Ausgrenzung.
Die Publizistin und Autorin Alena Zemančíková (*1955 in Prag) absolvierte ein Fernstudium an der Prager Theaterhochschule DAMU und war dann Dramaturgin am Westböhmischen Theater in Eger/Cheb, das auch einige Theaterstücke von ihr aufführte. Seit 1997 ist sie als Kulturredakteurin und Dramaturgin für den tschechischen Rundfunk tätig. Langezeit schrieb sie vor allem Theaterstücke und Hörspiele, Storyboards, Radioreportagen und Essays. 2008 erschien ihr erster Prosaband mit zwölf autobiographisch motivierten Erzählungen Bez otce [Ohne Vater]. 2015 folgte ihr erster Roman Příběh v řeči nepřímé [Geschichte in indirekter Rede].
Moderation: Anna Knechtel
Lesung: Katja Amberger
In Kooperation mit der Deutsch-Tschechischen Gesellschaft Augsburgund dem Tschechischen Zentrum München.
Mit freundlicher Unterstützung des Tschechischen Literaturzentrums.
Die Kuratorin der Ausstellung Prof. Dr. Irmela von der Lühe spricht anlässlich der Eröffnung der Ausstellung Erika Mann. Kabarettistin - Kriegsreporterin - Politische Rednerin über die Hintergründe der Entstehung und das Konzept. (www.goethe.de/tschechien/erikamann).
„Wir zeigen nicht die Tochter Thomas Manns. […] Wir zeigen nicht die Schwester Klaus Manns, sondern wir zeigen […] die Kabarettistin, die Kriegskorrespondentin und die politische Rednerin, das heißt eine Frau in ihrer Zeit, die vieles von ihrer Generation der neuen Frauen der 20er-Jahre repräsentiert, aber noch mehr auf singuläre Weise in schwierigen, um nicht zu sagen katastrophischen Zeiten geleistet hat im Kampf gegen den Nationalsozialismus und […] für die Demokratie.“ So Irmela von der Lühe im Gespräch mit Dr. Sylvia Asmus, Deutsche Nationalbibliothek, Frankfurt a. M.
Irmela von der Lühe war Professorin für Neuere Deutsche Literatur an der FU Berlin und ist Senior Professorin am Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der deutsch-jüdischen Literatur- und Kulturgeschichte, der Literatur des Exils und der Shoah sowie der Literaturgeschichte weiblicher Autorschaft und der Mann-Familie.
Moderation: Tereza Semotamová
Das Gespräch wird in deutscher Sprache geführt und ins Tschechische übersetzt
https://zoom.us/j/97969946554?pwd=bW1RT3ZzalB0OHVHWHh2cnNvamh5Zz09
Meeting ID: 979 6994 6554
Passcode: 266923
Eine Veranstaltung der Monacensia München und des Goethe-Instituts Prag in Kooperation mit dem Adalbert Stifter Verein
Die neuesten Veranstaltungstermine des Adalbert Stifter Vereins finden Sie im aktuellen Programmheft für den Monat März, hier als pdf zum Herunterladen. Bitte beachten Sie auch die aktuellen Informationen zu einzelnen Veranstaltungen auf unserer Website.
Wir freuen uns, dass wir in unserem Team seit Anfang Februar eine neue Kollegin begrüßen dürfen. Die Sprachwissenschaftlerin Anna Paap unterstützt Dr. Wolfgang Schwarz im Kulturreferat für die böhmischen Länder bei Kulturveranstaltungen und insbesondere im Bereich der Jugendarbeit.
Aktuell ist das Büro des Adalbert Stifter Vereins Montag bis Freitag von 9.15 bis 14 Uhr für die Öffentlichkeit geöffnet. Bitte beachten Sie unser Schutz- und Hygienekonzept. Außerhalb dieser Zeiten erreichen Sie uns per E-Mail oder Telefon.
Für alle unsere Veranstaltungen in nächster Zeit gelten besondere Schutz- und Hygieneregeln, die Sie hier en détail nachlesen können.
Online-Angebote aus der Eigen-Produktion des Adalbert Stifter Vereins sind ab sofort unter der Rubrik Mediathek zu finden, die auf den Youtube-Kanal des Adalbert Stifter Vereins führt.
Hier können Videos unter mehreren Rubriken ausgewählt werden: Literatur und Wissen, Musik, Böhmerwaldseminar und Literatur im Café.
Außerdem sind unter dem Punkt Gelesen Schauspielerinnen und Schauspieler zu hören und zu sehen, die selbstgewählte Texte ihrer Lieblingsschriftsteller aus Böhmen und Mähren lesen.
75 Jahre nach Ende Zweiten Weltkriegs stellen wir Zeitzeugenberichte zu den Ereignissen in den böhmischen Ländern online.
Zwei Vorträge online auf dem YouTube-Kanal des Deutschen Kulturforums östliches Europa
5. Zernack-Colloquium zum Jahresthema des Kulturforums »Mittendrin und anders. Minderheiten im östlichen Europa«
Nach der Gründung der Ersten Tschechoslowakischen Republik 1918 wurde die deutschsprachige Bevölkerung der zuvor zum Habsburgerreich gehörenden böhmischen Länder zur größten nationalen Minderheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Deutschen entrechtet und vertrieben, die Verbliebenen konnten ihre Sprache und Kultur zunächst gar nicht, später nur schrittweise und unter deutlichen Einschränkungen wieder pflegen. Die ebenfalls seit Jahrhunderten im Land lebenden Roma wurden wie zuvor von den Habsburger Herrschern auch von der tschechoslowakischen Regierung zur Assimilation gezwungen. Nach der Annexion der Sudetengebiete und der Besetzung der innertschechischen Regionen durch das nationalsozialistische Deutschland wurden Roma systematisch verfolgt, interniert und ermordet. In kommunistischer Zeit wurden viele Roma aus der Ostslowakei im Rahmen der staatlichen Politik der »Zerstreuung« zwangsweise in die von den vertriebenen Deutschen verlassenen Grenzregionen umgesiedelt. In zwei Vorträgen und einem anschließenden Gespräch soll verglichen werden, wie die nach dem Ersten Weltkrieg ausgearbeiteten Minderheitenschutzverträge gegenüber den beiden Gruppen umgesetzt wurden, welche Unterschiede, Gemeinsamkeiten, Parallelen und Wechselwirkungen sich in der anschließenden historischen Entwicklung zeigen und wie sich ihre aktuelle Situation in der Tschechischen Republik darstellt.
Referenten
Veronika Patočková stammt aus Tschechien und wirkt als Soziologin und Übersetzerin in Berlin. Sie verwirklicht als Vorstandsmitglied von RomaTrial e.V. Kultur- und Bildungsprojekte gegen Antiziganismus. Außerdem ist sie im Bereich der Recherche und wissenschaftlichen Mitarbeit für die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas tätig, wo sie das Projekt »Beobachtungsstelle Antiziganismus in Europa« koordiniert.
Dr. Wolfgang Schwarz ist Historiker und Politikwissenschaftler und arbeitet als Kulturreferent für die böhmischen Länder im Adalbert Stifter Verein in München. Er konzipiert und organisiert Kulturprojekte in Tschechien und Deutschland, darunter Bildungsreisen, Tagungen, Ausstellungen und Publikationen. Er ist Mitglied des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums, dessen Zusammensetzung von den Außenministerien beider Länder bestimmt wird.
Moderation: Tanja Krombach, Deutsches Kulturforum östliches Europa
Foto: Václav Havel mit Roma-Aktivist Emil Ščuka 1989 (Quelle: Romea.cz) und Titelseite des Prager Tagblatts zum Begräbnis von Staatspräsident Tomáš Garrigue Masaryk 1937
Veranstalter: Deutsches Kulturforum östliches Europa in Kooperation mit dem Zentrum für Historische Forschung Berlin (CBH) der Polnischen Akademie der Wissenschaften
Sprachenstreit in der Musik: Jozo Džambo rekonstruiert einen Konzertskandal um Beethovens Neunte in Prag. Kulturelle Grenzen sind aber auch in den böhmischen Ländern nicht immer identisch mit Sprachgrenzen: Sie verlaufen zwischen Regionen und gesellschaftlichen Schichten, wie Jan Budňák am Beispiel von Brünn zeigt, oder zwischen den Geschlechtern, etwa in der Rezeption von Texten der böhmischen Schriftstellerin Ossip Schubin (Alexandra Millner). Einen Kulturtransfer besonderer Art untersucht Ladislav Futtera mit der Rübezahl-Figur im deutschen und tschechischen Kontext. Wie der tschechische Rundfunk in der jüngsten Gegenwart Erstaunliches bei der Vermittlung deutschsprachiger mährischer Literatur leistet, beschreiben Lukáš Motyčka und Veronika Opletalová. Ralf Höller entdeckt schließlich in Wolfgang Schmidt einen verspäteten sudetendeutschen Autor wieder – in Kanada. Der Jahresbericht 2020, Rezensionen und eine Zeitschriftenschau ergänzen die wissenschaftlichen Beiträge.
Inhalt
Zuzana Jürgens und Franziska Mayer: Was für ein Jahr!
Wissenschaftliche Beiträge und Essays
Ladislav Futtera: „Rübezahl! Rübezahl! Wenn’s dich gibt, dann zeig dich mal!“ Die Rübezahl-Figur in deutschen und tschechischen Kontexten des 19. und 20. Jahrhunderts
Alexandra Millner: Ossip Schubin. Genderspezifische Phänomene der Rezeption
Jan Budňák: Brünner Texte, Brünner Text nach 1890. Naturalismusdiskurse um Josef Merhaut und Philipp Langmann
Jozo Džambo: Die 9. Symphonie in der Prager Disharmonie
Ralf Höller: Wolfgang Schmidt, ein deutscher Schriftsteller aus Krumau/Český Krumlov
Lukáš Motyčka und Veronika Opletalová: Popularisierung der deutschmährischen Literatur im Tschechischen Rundfunk
Rezensionen
Thomas Krzenck – Jiří Kuthan, Jakub Šenovský (Hrsg.): Římský a český král Václav IV. a počátky husitské revoluce [Der römische und böhmische König Wenzel IV. und die Anfänge der hussitischen Revolution]
Thomas Krzenck – Franz Machilek: Jan Hus (um 1372–1415). Prediger, Theologe, Reformator
Franz Adam – Kurt F. Strasser: Bernard Bolzano (1781–1848). Ein böhmischer Aufklärer
Peter Becher – Wolfgang Matz: Adalbert Stifter oder Diese fürchterliche Wendung der Dinge. Biographie
Jozo Džambo – Riccardo Concetti: Robert Michel. Ein österreichischer Dichter-Offizier zwischen Halbmond und Doppeladler
Thomas Krzenck – Beppo Beyerl, Thomas Kohlwein (Hrsg.): Europa erlesen. Brno/Brünn
Zeitschriftenschau
Aussiger Beiträge. Germanische Schriftenreihe aus Forschung und Lehre
Bohemia. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der böhmischen Länder. A Journal of History and Civilisation in East Central Europe
Brücken. Zeitschrift für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft
Germanoslavica. Zeitschrift für germano-slawische Studien
Jahrbuch. Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich
Studia Germanistica. Acta Facultatis Philosophicae Universitatis Ostraviensis
Jahresbericht 2020
Autoren und Mitarbeiter
Im aktuellen Sudetenland-Heft erinnern sich Weggefährten und Freunde an die deutsch-tschechische Schriftstellerin Libuše Moníková; Alfrun Kliems diskutiert die Zuordnung ihres Werks zur „Migrantenliteratur“. Vor 400 Jahren kam es am Weißen Berg zur ersten großen Schlacht im Dreißigjährigen Krieg; in der Folge wurde Böhmen zentralistisch von Wien aus regiert. Steffen Höhne untersucht Spuren der Schlacht in der tschechischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Böhmische Spuren finden sich in München auch an unvermuteter Stelle, in der Bayerischen Staatsbibliothek ebenso wie in der Neuhausener Winthirkirche. Den München-Roman „Eva“ der Prager Schriftstellerin Hermine Hanel hat Jozo Džambo wiedergelesen.
Editorial
Ursula Haas: Literarische Fenster
Feuilleton
Adalbert J. Gail: Vorfrühling in Prag
Porträt: Libuše Moníková
Alfrun Kliems: „Migrationsliteratur“?
Josef Moník: Die Künstler
Magdalena Hennerová: Vier Menschen
Helga G. Braunbeck: „Ich mag Bilder“
Eda Kriseová: Letzte Briefe
Thema: Die Schlacht am Weißen Berg
Alexandra Dunkel: Was vom Mittag übrig blieb
Bernd Rill: Absolutismus versus Ständestaat
Steffen Höhne: Kein Leben in Wahrheit
Im Gespräch
Renata SakoHoess: Mittlerin zwischen vielen Völkern. Gespräch mit Hélène Leclerc
Böhmische Spuren in München
Jozo Džambo: München/Mnichov – (k)ein böhmisches Dorf
Emil Pirchan: Musisches München
Jaroslav Dresler: Unser Kleinstädtchen
Kurt Heißig: Der selige Winthir von Neuhausen
Geschichte im Spiegel
Eva Vybíralová: Durch Fürsprache von Erzbischof Josef Beran
Orte der Vermittlung
Petr Brod: Zentrum meiner intellektuellen Welt. Die Bayerische Staatsbibliothek in München
Prosa
Dora Kaprálová: Apokalypse
Wiedergelesen
Jozo Džambo: Eine Pragerin in München. Hermine Hanels Roman „Eva“
Forum der Übersetzer
Isabel Fargo Cole: Kristallisationsprozesse. Aspekte der englischen Übertragung von „Bergkristall“
Kunst und Kontext
Hansjürgen Gartner: Die Heimat der Linie ist die Fläche. Roland Dörfler
Wirtshäuser Europas
Wolfgang Sréter: Auf nach Mexiko!
Lyrik
Emil Juliš: Zone (Er schaut mit dem einzigen saturnischen Auge; Ziegel reiben sie an Ziegel)
Würdigungen
Franz Adam: Maestro für alle. Zum 100. Geburts- und 25. Todestag von Václav Neumann
Eduard Schreiber (Radonitzer): Umřel nám pan Menzel
Franziska Mayer: Tschechisch-deutsche Auszeichnung. Die Preisträger des Otokar-Fischer-Preises stehen fest
Rückblick
Peter Becher: Kulturgeschichtliche Ereignisse
Rezensionen
Jahresverzeichnis: 62. Jahrgang 2020
Autoren, Mitarbeiter, Bildnachweis