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Die Otokar-Fischer-Preisträger 2020 stehen fest!

München, 29. September 2020

Eine Fachjury aus insgesamt acht Mitgliedern aus der Tschechischen Republik, Deutschland, Österreich und der Schweiz hat am Freitag, den 18. September 2020, in Pilsen die Otokar-Fischer-Preisträger 2020 ausgewählt.

Der mit 1.000 Euro dotierte Otokar-Fischer-Preis wird den Preisträgern am 29. Oktober 2020 im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Goethe-Institut in Prag überreicht. Die beiden ausgezeichneten Arbeiten werden im Anschluss in öffentlichen Vorlesungen präsentiert.

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Neil Stewart erhält den Otokar-Fischer-Preis für die beste deutschsprachige germanobohemistische Arbeit für sein Buch über die tschechische Décadence-Zeitschrift Moderní revue (1895–1924). Die Jury würdigt damit die materialreiche und komplexe Analyse eines ästhetisch wie kulturpolitisch brisanten Mediums im Wandel der Zeit.

Neil Stewart: Bohemiens im böhmischen Blätterwald. Die Zeitschrift „Moderní revue“ und die Prager Moderne. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2019

Die Moderní revue pro literaturu, umění, a život (Moderne Revue für Literatur, Kunst und Leben), die zwischen 1895 und 1924 fast dreißig Jahre lang monatlich erschien, war eine zentrale Institution der Prager Moderne und ein Katalysator der Modernisierung und Internationalisierung der tschechischen Kultur um 1900. Ihr aufwendiges und experimentelles Layout markiert den Beginn einer bibliophilen Tradition in Böhmen. Nach dem Ersten Weltkrieg allerdings verteidigt die Zeitschrift anachronistische Standpunkte und endet politisch als Organ der extremen Rechten – ein Prozess, der exemplarisch für die Wandlungen der Moderne stehen kann, für ihre prekäre Situation am Vorabend des Faschismus.
Die vorliegende Studie rekonstruiert den Fall der Moderní revue unter angemessener Berücksichtigung historisch-soziologischer, ästhetischer, semiotischer und intermedialer Aspekte, dabei auch und gerade ihrem medialen Eigensinn Rechnung tragend, ihrem Charakter als einem komplexen ‚Text‘.

Neil Stewart, 1971 geboren, studierte Slawistik und ist seit 2009 Studienrat im Hochschuldienst in der Komparatistik an der Universität Bonn. Neben seiner universitären Tätigkeit ist er auch als Übersetzer tätig.

 

Den Otokar-Fischer-Preis für die beste tschechischsprachige germanobohemistische Arbeit erhalten Ivo Habán und Anna Habánová für ihren Ausstellungskatalog über den „Heimatkunst“-Maler Paul Gebauer (1888–1951). Der ästhetisch ansprechende Band ist Teil ihrer systematischen und kritischen Erforschung der böhmisch-mährisch-schlesischen Kunstlandschaft.

Ivo Habán, Anna Habánová (Hrsg.): Paul Gebauer. Liberec: Národní památkový ústav 2018

Das tschechische Nationale Denkmalamt, regionale Fachstelle in Liberec als Hauptverantwortlicher im Grant „Nové realismy na československé výtvarné scéně 1918–1945“ [Neue Realismusströmungen in der tschechoslowakischen Bildkunstszene 1918–1945] veröffentlichte Ende 2018 eine Monographie über den deutschschlesischen Maler der Neuen Sachlichkeit Paul Gebauer. Die Publikation liefert eine komplexe Darstellung diverser Aspekte von Gebauers Schaffen, das noch heute emotive Reaktionen hervorruft und zweifellos auch weiterhin ein Forschungsgegenstand bleiben wird.

Der aus Zossen/Sosnová in Böhmisch-Schlesien stammende Maler Paul Gebauer gehört unter den Deutschböhmen zu den hervorragenden Vertretern einer Malerei im Geist der Neuen Sachlichkeit. Bereits in seinem Frühwerk beschäftigte sich Gebauer mit Motiven des Zivilismus und des Ruralismus. Einen Höhepunkt erreichten diese Elemente später in dem Gemälde Mein schlesisches Dorf, das mit seinem deutlichen sozialen Subtext an deutsche sozialkritische Vorbilder anknüpft. Paul Gebauers Schlüsselwerke entstanden in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren.

Ivo Habán, 1977 in Brünn geboren, studierte Kunstgeschichte und Geschichte. Er hat sich auf Bildende Kunst und Kultur der deutschsprachigen bildenden Künstler und Künstlerinnen aus Böhmen, Mähren und Schlesien, die Klassische Moderne der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts sowie die Denkmalpflege mit Schwerpunkt im 19. und 20. Jahrhundert spezialisiert.

Anna Habánová, 1977 in Náchod geboren, ist als Sammlungskuratorin tätig und lehrt Geschichte an der Fakultät für Naturwissenschaften, Humanwissenschaften und Pädagogik der Technischen Universität Reichenberg/Liberec. Ihr Spezialgebiet ist die Bildende Kunst und Kultur der deutschsprachigen bildenden Künstler und Künstlerinnen aus Böhmen, Mähren und Schlesien und regionale Kunst und Kultur unter besonderer Berücksichtigung der Region Liberec.

 

In der Begründung der Jury heißt es: „Wohl nicht zufällig werden in diesem Jahr zwei Werke geehrt, die das ambivalente Gesicht der Moderne zwischen Avantgarde und Anachronismus zum Ausdruck bringen und damit auch als Kommentare zu aktuellen Kulturdebatten gelesen werden können.“

 

Jiří Stromšík wird für die Herausgabe der germanobohemistischen Forschungen Kurt Krolops (1930–2016) mit einem erstmalig vergebenen, undotierten Sonderpreis der Jury geehrt. Die maßstabsetzenden Aufsätze des bedeutenden Germanisten und Germanobohemisten sind damit erstmals auch der tschechischsprachigen Öffentlichkeit zugänglich.

Jiří Stromšík (Hrsg.): Kurt Krolop: Studie o německé literatuře. [Studien zur deutschen Literatur.] Praha: Triáda 2018

Im Zentrum von Kurt Krolops Interesse stand immer die deutschsprachige Literatur aus den böhmischen Ländern – es ging v.a. um das Werk des aus Gitschin/Jičín gebürtigen Karl Kraus sowie um den Prager Autor Franz Kafka – und somit das Thema des historischen Wandels im alltäglichen Zusammenleben von Tschechen, Deutschen und Juden. Krolops Forschungsbereich war allerdings viel breiter. Krolops eingehende Kenntnisse der Goethe-Zeit bilden die Grundlage seiner Studien zur Literatur des 20. Jahrhunderts. Seine Einleitungsstudien zum Werk u.a. von Novalis, Tieck, E. T. A. Hoffmann, setzten im Kontext der tschechischen Rezeption deutscher Klassik und Romantik Maßstäbe. Seine Aufsätze oder Gelegenheitsnotizen u.a. zu Karel Čapek, und Karel Poláček legitimieren ihn zugleich als Kenner der tschechischen und slawischen Kultur. Es handelt sich hierbei um Texte von seltener Objektivität und Ausgeglichenheit, die die nationalen Klischees und Vorurteile auf beiden Seiten des v.a. in den zwei letzten Jahrhunderten konfliktreichen, jedoch zugleich fruchtbaren Zusammenseins von Tschechen und Deutschen unterlaufen und ferner eine Menge an neuen, in älterer Forschung ignorierten Kenntnissen zutage fördern.

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Der Otokar-Fischer-Preis wurde 2016 vom Institut für Literaturforschung in Prag (Institut pro studium literatury) ins Leben gerufen und wird in diesem Jahr zum dritten Mal vergeben. Benannt ist der Preis nach einem der bedeutendsten tschechischen Bohemisten, Germanisten und Förderer der sogenannten „Germanoslavica“, Otokar Fischer (1883–1938).

Mit dem Preis werden herausragende wissenschaftliche Arbeiten der deutschsprachigen Bohemistik und Germanobohemistik ausgezeichnet, die in den letzten zwei Jahren in Deutschland und jetzt auch in Österreich oder der Schweiz veröffentlicht wurden, und gleichzeitig, ebenfalls ein Novum, tschechischsprachige germanobohemistische Arbeiten, die im selben Zeitraum in der Tschechischen Republik veröffentlicht wurden.

Der Otokar-Fischer-Preis ist eine einmalige Initiative auf dem Gebiet der deutsch-tschechischen Beziehungen. Sein Ziel ist es, deutschsprachige und tschechische (Germano-)Bohemisten zu unterstützen, den Dialog zwischen der tschechischen und der deutschen Bohemistik und die germanobohemistische Forschung zu stärken, und dadurch die Kulturgeschichte der deutschsprachigen Bevölkerung in den böhmischen Ländern auf beiden Seiten bekannter zu machen.

Der Otokar-Fischer-Preis wird verliehen vom Institut für Literaturforschung (Prag), seit diesem Jahr gemeinsam mit dem Adalbert Stifter Verein (München). Zu den Förderern des Preises gehören der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds, das Kulturministerium der Tschechischen Republik und der Magistrat der Hauptstadt Prag.

Kontakt Institut pro studium literatury: Mgr. Petra Kulovaná Ph.D.         

Kontakt Adalbert Stifter Verein: Dr. Franziska Mayer

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